© Mathias Schäf

Ortolan

Elemente für Artenförderungsprogramme Vögel Schweiz

Die folgenden Informationen basieren auf dem Bericht von Spaar et al. (2012).

1. Hintergrundinformationen

Aktuelle Entwicklung von Verbreitung und Bestand
In der Schweiz kommt der Ortolan heute nur noch im Mittelwallis vor. Alljährlich werden einige wenige singende Männchen in den Felsensteppen in der Region Leuk festgestellt. Die letzten Reviere in den Walliser Seitentälern wurden zwischen 2000–2010 aufgegeben. Die noch bis in die frühen 1980er-Jahre besetzten Vorkommen bei Genf und im Kanton Graubünden (Unterengadin) sind seit längerem verwaist.

Lebensraumansprüche
In der Schweiz besiedelt der Ortolan sonnenexpo­nierte, trockenwarme und offene Landschaften mit Pioniercharakter wie Felsensteppen und Schafweiden. In früheren Jahren wurden auch kleinparzellige, terrassierte Getreidefelder und reich strukturierte Rebberge besiedelt. Als Pionierart ist der Ortolan auf eine mosaikartige Landschaft angewiesen, welche ein hohes Angebot an offenem Boden aufweist und so die Verfügbarkeit an tierischer Insektennahrung erhöht, welche an die Jungen verfüttert wird. Als Bodenbrüter benötigt der Ortolan zusätzlich Bereiche mit dichterer Krautschicht, zudem einzelne Bäume und Sträucher oder Felsblöcke als Warten.

Gefährdung
Der starke Rückgang in den letzten Jahrzehnten ist vermutlich insbesondere auf die Veränderungen der Landnutzung zurückzuführen (Intensivierung und Aufgabe von landwirtschaftlichen Flächen). Die illegale Jagd auf die Art in Südwestfrankreich und andernorts im Mittelmeerraum hat möglicherweise starke negative Auswirkungen. Darauf deutet die Abnahme in grossen Teilen Europas hin.

Limitierende Faktoren
Angebot an Pionierhabitaten mit hohem Anteil an offenem Boden mit genügend Deckung und Insektennahrung. Angebot an Getreidenahrung (insb. Hafer) im Frühjahr und Herbst (nach Ankunft und vor Abflug in die Winterquartiere).

Perspektive
Kurzfristig ist keine grosse Bestandserholung zu erwarten. Zurzeit verbrachen und verbuschen die letzten Bruthabitate des Ortolans, was sich negativ auf die Art auswirkt. Die starke Isolation des Leuker Ortolanbestands erweist sich insofern als problematisch, weil die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass Weibchen aus anderen Beständen (z.B. Aostatal) das Gebiet besiedeln werden.

Schutzstatus
Rote Liste CH: CR, vom Aussterben bedroht
Priorität CH: B2, gefährdete Art mit geringer internationaler Verantwortung der Schweiz
Konventionen: Berner Konvention: geschützt (Anhang 3)

2. Laufende Aktivitäten, Erfahrungen aus Schutz und Forschung

Laufende Schutzmassnahmen und Programme
Im Raum Leuk werden seit 2005 in Zusammenarbeit mit den lokalen Landwirten alljährlich Haferfelder für den Ortolan angelegt. 2010 wurde ein umfassendes Artenförderungsprogramm über 3 Jahre gestartet. Zusätzlich zu den Haferfeldern wurden drei weitere Fördermassnahmen durchgeführt. Alle zielen darauf ab, pionierartige Lebensräum zu kreieren: kontrolliertes Abbrennen der Krautschicht in vergandenden Flächen, forstliches Auflichten in stark verbuschten Gebieten und Wiederaufnahme der Beweidung.

Forschungsprogramme

Bekannte Artenförderungsmassnahmen national und international
Artenförderungsmassnahmen mit unterschiedlichem Erfolg werden in Deutschland und Österreich durchgeführt. Allerdings besiedelt der Ortolan in diesen Ländern Habitate (v.a. grosse Getreidekulturen), welche sich stark von den letzten besiedelten Lebensräumen (Felsensteppen) in der Schweiz unterscheiden. Es bleibt zu zeigen, welche der Massnahmen (Feuer, Beweidung, forstliche Massnahmen, Haferfelder) bzw. welche Kombinationen von Massnahmen in den Schweizer Lebensräumen langfristig Erfolg versprechen.

Notwendige Projekte (Artenförderung, Forschung, Monitoring)
Artenförderungsprojekt für den letzten Schweizer Bestand im Raum Leuk weiterführen.