© Marcel Burkhardt

Grauammer

Elemente für Artenförderungsprogramme Vögel Schweiz

Die folgenden Informationen basieren auf dem Bericht von Spaar et al. (2012).

1. Hintergrundinformationen

Aktuelle Entwicklung von Verbreitung und Bestand
Die Verbreitung der Grauammer ist in der Schweiz weitgehend auf die Niederungen beschränkt. Die Art erlitt ab 1960 zumindest in der Nordhälfte ihres europäischen Areals einen starken Rückgang und ist seit den 1970er-Jahren aus vielen Gebieten der Schweiz verschwunden. In den 2000er-Jahren gab es nennenswerte Bestände nur noch zwischen dem Neuenburger- und Genfersee, in der Champagne genevoise, im Berner/Freiburger Seeland, und im Klettgau SH. Der Bestand wurde in der Schweiz 1998 auf 400–600 Brutpaare geschätzt. Seither sind mehrere Teilpopulationen verschwunden.

Lebensraumansprüche
Die Grauammer bewohnt ein breites Spektrum offener Habitate. Sie braucht zur Brutzeit, neben einem geeigneten Nahrungsangebot, niedrige oder lückige Bodenvegetation für den Nahrungserwerb und dichter bewachsene Stellen als Neststandort. Ihre Restbestände sind hauptsächlich im Mittelland in Ackerbaugebieten, in eher extensiv genutztem Grünland sowie in Randzonen von Feuchtgebieten angesiedelt. Im bernisch/freiburgischen Seeland wurden verunkrautete Kulturen und strukturreiche Grünlandflächen bevorzugt besiedelt. In Deutschland war die Revierdichte positiv mit dem Brachenanteil korreliert. Zur Nahrungssuche während der Tagesrandzeiten und bei Wettereinbrüchen ist die Nähe von Getreidefeldern (u.a. Gerste, Winterweizen) von Vorteil.

Gefährdung
Der seit den 1970er-Jahren beobachtete Rückgang steht in ursächlichem Zusammenhang mit der Landnutzung. Durch die Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung wurde insbesondere das Angebot der für die Jungenaufzucht wichtigen wirbellosen Tiere vermindert. In Grossbritannien war die Abnahme in Gebieten mit Futtergetreide-Anbau und Silage stärker als in solchen mit traditionellem Getreideanbau.

Limitierende Faktoren
Angebot an flachen, offenen, extensiv genutzten Flächen mit Singwarten. Stellenweise dichte Bodenvegetation in störungsarmer Lage für die Nestanlage, die mindestens 6 Wochen erhalten bleibt. Insbeson­dere strukturreiche Buntbrachen in Kombination mit Einzelbüschen und/oder Niederhecken in Ackerbaugebieten. Genügendes Angebot an gut erreichbaren Insekten und Spinnen.

Perspektive

Eine Prognose ist bei dieser Art mit grossen Unsicherheiten behaftet. Auch in früheren Zeiten kamen weiträumige Bestandszusammenbrüche und Erholungsphasen vor, deren Abläufe schlecht dokumentiert und deren Ursachen unbekannt sind. Falls qualitativ hochwertige Flächen des ökologischen Ausgleichs (extensiv genutztes Grünland, Niederhecken und insbesondere Brachflächen) zunehmen werden, darf man auch mit einer Zunahme der Grauammer rechnen, sofern die Pflege dieser Flächen (besonders Mahdrhythmus und -termin) der Art angepasst werden. Bisher ist die Ausdehnung der realisierten Ausgleichsflächen für die Grauammer in vielen Fällen zu gering. Die Entwicklung in der Schweiz dürfte auch stark von jener im umliegenden Ausland geprägt sein, da die hiesigen Populationen zur Bestandserhaltung wahrscheinlich auf Einwanderung angewiesen sind.

Schutzstatus
Rote Liste CH: VU, verletzlich
Priorität CH: B2, gefährdete Art mit geringer internationaler Verantwortung der Schweiz
Konventionen: Berner Konvention: geschützt (Anhang 3)

2. Laufende Aktivitäten, Erfahrungen aus Schutz und Forschung

Laufende Schutzmassnahmen und Programme
Aufwertungsmassnahmen im Rahmen des ökologischen Ausgleichs im Klettgau SH, in der Champagne genevoise und im Berner/Freiburger Seeland. Auf dem Flughafengelände Kloten werden Flächen nur teilweise gemäht, um Singwarten und Nistmöglichkeiten zu schaffen.

Forschungsprogramme

Bekannte Artenförderungsmassnahmen national und international
In der Champagne genevoise wurden die neu an­gelegten Strukturen des ökologischen Ausgleichs (spontan begrünte Brachen, Buntbrachen, Hecken) ausgehend von einer noch vorhandenen Restpopula­tion rasch besiedelt. In anderen Aufwertungsgebieten (Wauwilerebene, St. Galler Rheintal) entsprach die Reaktion der Art nicht oder nicht ganz den Erwar­tungen. Aus einer Untersuchung im Grossen Moos lässt sich schliessen, dass eine grosse Kulturenvielfalt und wenig intensiv bewirtschaftete Kulturen einen hohen Fortpflanzungserfolg ermöglichen. Im Osten Deutschlands nahm die Grauammer lokal aufgrund der Stilllegung von Produktionsflächen zu.

Notwendige Projekte (Artenförderung, Forschung, Monitoring)